Schadet die Bibelwissenschaft dem Glauben?

Vortrag von Professor Dr. Matthias Konradt am 27. September im Bibelhaus

Mit den Folgen der historisch-kritischen Bibelwissenschaft für die Autorität der Heiligen Schrift beschäftigt sich ein Vortrag von Professor Dr. Matthias Konradt am Mittwoch, 27. September, 19 Uhr im Frankfurter Bibelhaus Erlebnis Museum. Die Veranstaltung setzt die Reihe „Sola Scriptura?“ fort, zu der das Bibelhaus aus Anlass des 500. Reformationsjubiläums einlädt.

„Der Grundsatz, dass allein die Schrift Grundlage und Maßstab des Glaubens sein soll, gehört zu den zentralen Pfeilern der Reformation und der aus ihr hervorgegangenen Kirchen“, sagt der Dozent für Neues Testament an der Universität Heidelberg. „Was aber bedeutet dieser Grundsatz angesichts der modernen Bibelwissenschaft mit ihrem historisch-kritischen Zugang zu den biblischen Texten?“, fragt er. Die biblischen Schriften werden hier als Erzeugnisse von Menschen in ihre kultur- und geistesgeschichtlichen Kontexte eingeordnet.

Darüber hinaus hat laut Konradt die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Bibel die theologischen Unterschiede zwischen ihren einzelnen Schriften deutlich vor Augen geführt. Doch für den Theologen ist die historisch-kritische Bibelauslegung alles andere als ein Schaden für den Glauben: „Ihre Erkenntnisse über die Vielgestaltigkeit der in ihr verarbeiteten Gotteserfahrungen bedeuten einen großen Reichtum“, betont er. Auch für die ökumenische Verständigung zwischen den Kirchen sind sie seiner Ansicht nach von großer Bedeutung.

Matthias Konradt ist 1967 in Bochum geboren. Evangelische Theologie studierte er in Bochum und Heidelberg. Als Wissenschaftlicher Mitarbeiter war er von 1999 bis 2003 am Sonderforschungsbereich „Judentum – Christentum“ an der Universität Bonn tätig. 2009 wechselte er als Dozent für das Neue Testament von Bern nach Heidelberg. Seine bedeutendsten Veröffentlichungen beschäftigen sich mit dem Matthäusevangelium, dem Jakobusbrief und der Gerichtsvorstellung in den Paulusbriefen. Seit 2013 ist er Hauptherausgeber der „Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft“.

Die Vortragsreihe „Sola Scriptura?“ nimmt im Jahr des 500. Reformationsjubiläums Fragen der kritischen Forschung zur Bibel auf. Ausgangspunkt ist der reformatorische Leitsatz Martin Luthers „Sola Scriptura – allein die Schrift“. Gefragt wird, wie weit das heute noch gelten kann. Die Reihe „Sola Scriptura?“ wird im Bibelhaus bis 2022 fortgeführt, dem 500. Jubiläum der Herausgabe des Septembertestaments, Martin Luthers erster Übersetzung des Neuen Testaments aus dem Grie­chischen. Die Eintrittsgebühr beträgt jeweils 5 Euro.

Unter dem Titel „Text und Textil“ gibt es am Montag, 27. November, 19 Uhr in der Reihe „Sola Scriptura?“ zwei Vorträge in englischer Sprache zur Qumranforschung. Es referieren Dr. Orit Shamir und Pnina Shor. Beide Referentinnen sind Mitarbeiterinnen der Israelischen Antikenverwaltung. Dr. Orit Shamir ist Expertin für die Erforschung antiker Textilien. Pnina Shor leitet die Konservierungsabteilung, in der Schriftrollen vom Toten Meer aufbewahrt und bearbeitet werden.