Viele warten noch auf die Bibel in der Muttersprache

Bibelgesellschaften zum Internationalen Übersetzertag am 30. September

Hunderte Millionen Menschen weltweit haben bisher keine vollständige Übersetzung der Bibel in ihrer Muttersprache. Darauf weist der Weltverband der Bibelgesellschaften (United Bible Societies; UBS) aus Anlass des Internationalen Übersetzertages am 30. September hin. Die Bibel liege jetzt komplett mit Altem und Neuem Testament in rund 500 Sprachen vor. Experten schätzten aber, dass es insgesamt etwa 7000 Sprachen in allen Ländern der Erde gebe. Jeder 20. Erdenbürger habe nicht einmal Zugang zu einem übersetzten Evangelium oder einer anderen biblischen Schrift in der eigenen Sprache.

Als ein Beispiel für die Bedeutung der Bibel in der eigenen Sprache nennen die Bibelgesellschaften die Übersetzung für das Volk der Schilluk in der Republik Südsudan. Nach 35 Jahren Übersetzungsarbeit, mit Unterbrechungen durch den Bürgerkrieg im Sudan, liegt jetzt die komplette Bibel vor. „Viele Frauen sprechen nur Schilluk und kein Englisch oder Arabisch“, berichtet Rachel Ayul, Leiterin einer lokalen Frauengruppe. Manchmal habe sie die Bibel in einer anderen Sprache lesen müssen, um dann in Schilluk zu übersetzen. Im Südsudan sind mehr als drei Viertel der Bevölkerung Christen. Amtssprache ist Englisch, doch viele Einwohner sprechen nur die traditionellen Sprachen ihrer Völker. Schilluk sprechen etwa 650.000 Südsudanesen.
Der Weltverband der Bibelgesellschaften will bis Ende 2015 komplette Bibelübersetzungen in weiteren hundert Sprachen fertigstellen. Die Übersetzungsabteilung der UBS, Trainingsprogramme für einheimische Bibelübersetzer und spezielle Computersoftware helfen dabei. Finanziell wird dies nur möglich sein, wenn diese Arbeit weiter durch Spenderinnen und Spender unterstützt wird. In Deutschland fördert die Weltbibelhilfe als Aktion der Deutschen Bibelgesellschaft die internationalen Projekte zur Übersetzung und Verbreitung der Heiligen Schrift.

Die Bibelgesellschaften betonen, dass die Übersetzung der Bibel nur in Amts- und Verkehrssprachen nicht ausreicht. Sie zitieren dazu Nelson Mandela. Der ehemalige südafrikanische Präsident sagte: „Wenn du zu einem Menschen in einer Sprache redest, die er versteht, erreicht das seinen Kopf. Wenn du zu ihm in seiner Mutter-sprache redest, erreicht das sein Herz“.

Im Weltverband sind 146 nationale Bibelgesellschaften Mitglied. Zurzeit wird interna-tional in 450 Übersetzungsprojekten gearbeitet. Dabei geht es um Erst- und Neuüber-setzungen sowie Revisionen, die die Texte an veränderte Sprachgewohnheiten und neue Erkenntnisse der Bibelwissenschaften anpassen. Für den Internationalen Übersetzertag haben die Bibelgesellschaften im Blog ubstranslationstories.com (in Englisch) Fakten, Zahlen und Geschichten rund um das Thema publiziert. Der Übersetzertag wurde 1954 von der „International Federation of Translators“ ausgerufen. Der 30. September ist zugleich der Todestag des Kirchenvaters Hieronymus (347 bis 420). Er hat das Alte Testament vom Hebräischen ins Lateinische übersetzt.