„Die Nieren jubeln“

Neue Zürcher Bibel erschienen

„In Zweifelsfall für die Fremdheit des Textes“, so beschreiben die Herausgeber der neuen Zürcher Bibel ein Prinzip ihrer Übersetzung. So jubeln jetzt in Psalm 41 „die Nieren“.  Und im ersten Satz des Johannes-Evangeliums wird „im Anfang war das Wort“ aus dem griechischen Urtext der Begriff „Logos“ zugesellt. 23 Jahre nach Auftragserteilung durch die Synode der Evangelisch-reformierten Landeskirche im Kanton Zürich und Kosten von vier Millionen Franken liegt jetzt eine Neuübersetzung vor, die weit mehr als eine schlichte Überarbeitung der Fassung von 1931 ist.

Dabei ging das Übersetzungsteam auch auf neuere theologische Ansprüche ein. Es sollte jeder Anklang von Frauendiskriminierung und antijüdischem Denken durch die Übersetzung vermieden werden. Jetzt wird an vielen Stellen werden neben den „Brüdern“ ausdrücklich die „Schwestern“ erwähnt. Im Römerbrief wird aus dem Apostel Junias nun die Würdenträgerin Junia. Unter Bibelwissenschaftlern ist es inzwischen nahezu unstrittig, dass es sich um eine Frau handelt, da der Name Junias in der Antike unbekannt war. . Auf eine durchgängig „inklusive Sprache“ mit jeweils männlicher und weiblicher Form verzichtet das Übersetzungsteam aber, was der Lesbarkeit zugute kommt.

Tradition geht auf Zwingli zurück

Bei der Wiedergabe des Gottesnamens bleiben die Züricher beim vertrauten „HERR“. Dabei wird unter anderem auf die jüdische Tradition und „Herr“ als Übersetzung von „adonai“ (Hebraisch) und „kyrios“ (Griechisch) verwiesen. An Verständlichkeit gewonnen hat beispielsweise die Übersetzung der Seligpreisungen. Jetzt heißt es „selig, die Frieden stiften“, (Matthäus 5,9) statt der Friedfertigen.

Erstmals erschien die Zürcher Bibel 1531. Sie geht auf den Schweizer Reformator Huldrych Zwingli zurück. Wo heute die Bibel in der Öffentlichkeit sprichwörtlich zitiert wird, ist es meist der Text Martin Luthers. „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist“ (Matthäus 22,21) oder „der Herr ist mein Hirte“ (Psalm 23) sind geflügelte Worte. Aber auch die Zürcher Bibel kann mit viel Gewinn gelesen werden. Sie verzichtet darauf, die Bibel in moderne Alltagssprache zu überführen, ohne wie die Lutherbibel einen bestimmten klassischen Stil erhalten zu wollen. Gerade dass der Text nicht vertraut ist, kann zu neuen Entdeckungen führen. Hilfreich sind dabei ein Glossar und die Einführungen in die einzelnen Bücher der Bibel. Beides gibt gut den aktuellen Stand der Bibelwissenschaften wieder.

 

Ralf Thomas Müller

Zürcher Bibel
12,9 x 20 cm (Standardformat)
TVZ – Verlag der Zürcher Bibel
ISBN 978-3-85995-240-9

Mehr zur Zürcher Bibel: www.tvz-verlag.ch

(13. Oktober 2007 / Südwest-Presse)

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