Protest 500 – vom Weihnachtslied zum Aufstand

Titelseite der „46 Artikel“ mit Forderungen der Frankfurter Zünfte während des Bauernkrieges im Originaldruck vom 22. April 1525 © Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am MainKabinettausstellung vom 28. November 2024 bis 24. Mai 2025 im Frankfurter Bibelhaus Erlebnismuseum  

 Das Bibelhaus Erlebnismuseum (BIMU) präsentiert vom 28. November 2024 bis 24. Mai 2025 eine Kabinettausstellung unter dem Titel „Protest 500 – vom Weihnachtslied zum Aufstand“. Die Ausstellung erinnert mit wertvollen Drucken an eine Zeit des gewaltfreien Protestes vor 500 Jahren. In Frankfurt am Main widersetzten sich die Bürgerinnen und Bürger damals auch mit dem Gesang von biblischen Liedern. In der Vernissage führt der Frankfurter Kirchengeschichtler Professor Stefan Michels am Mittwoch, 27. November, 17 Uhr im Bibelhaus in das Thema der Ausstellung ein.

Die Protestierenden sangen Lieder aus Liedersammlungen in der Muttersprache. Zwischen Ostern und Pfingsten 1525 übernahmen Handwerker und Händler im sogenannten Zunftaufstand die Macht in der Stadt. In Frankfurt am Main erschienen nach Ostern 46 Artikel zur Reform der spätmittelalterlichen Gesellschaft. Der Originaldruck ist in der Ausstellung zu sehen. „Ein Mitspracherecht und die Fürsorge für die Schwachen sind zentrale Forderungen, die bis heute wirken“, erläutert Museumsdirektor Veit Dinkelaker.

Damals erschienen erste Liedsammlungen der Reformation aus der Feder von Martin Luther, Paul Speratus oder auch Elisabeth Cruciger. „Das deutsche geistliche Lied veränderte nicht nur die Gottesdienstlandschaft, sondern ermöglichte auch der des Lesens und Schreibens unkundigen Gesellschaft das Evangelium zu hören und zu verkündigen“, so Dinkelaker. Das gibt einen entscheidenden Impuls für die Reformbewegungen der damaligen Zeit. Es ist Zeichen eines gelebten Priestertums aller Getauften und „empowert“ die frühneuzeitliche Bevölkerung.

Mit dem Aufkommen der Reformation und der evangelischen Gesangbücher lässt sich auch eine Veränderung in der Rolle der Frau beobachten. Was vorher nur Adligen oder Nonnen vorbehalten war, ist nun Frauen aus allen Schichten möglich. Sie ließen ihre Stimme in Form von Lieddichtungen und Gesangbuchpublikationen hören und nahmen eine zentrale Rolle in der Verbreitung des Liedguts ein.

Professor Michels wirft in der Vernissage einen Blick auf 500 Jahre Gesangbuch und 500 Jahre Bauernkrieg. Er ist Professor für Kirchengeschichte an der Goethe-Universität Frankfurt am Main unter anderem mit den Schwerpunkten Geschichte und Akteure der Reformation sowie theologische Musikforschung. Anmeldungen sind bis zum 23. November erbeten. Weitere Veranstaltungen im Begleitprogramm folgen.

Das Bibelhaus Erlebnismuseum eröffnete 2003 in einer ehemaligen evangelisch-reformierten Kirche. Es zeigt die Überlieferung, Lebenswelt und aktuelle Bedeutung der Bibel mit archäologischen Funden, thematischen Inszenierungen und vielen Mitmach-Elementen, wie zum Beispiel das Falzen und Heften eines Psalm-Liederbuches wie vor 500 Jahren. Trägerin ist die Frankfurter Bibelgesellschaft. Die Gesellschaft wurde 1816 als ältester kirchlicher Verein in der Mainstadt gegründet.

Frankfurt am Main, 19. November 2024 / RTM

Foto: Titelseite der „46 Artikel“ mit Forderungen der Frankfurter Zünfte während des Bauernkrieges im Originaldruck vom 22. April 1525 © Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main